Raki trinken – ein geselliges Erlebnis
Raki lediglich als Schnaps zu bezeichnen, wird dem vielschichtigen Charakter des hochprozentigen Getränks nicht gerecht. In der Türkei ist er zugleich Synonym für nette Gesellschaft, gutes Essen und angeregte Unterhaltung. Bekannt ist er seit dem 15. Jahrhundert: Damals fand er aus Kleinasien den Weg in das Osmanische Reich und wurde zum Urahn des griechischen Ouzo, des italienischen Sambuca und des französischen Pastis. Der bekannteste Fan des Spirituosen war Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk.
Nur türkische Zutaten
Alle Zutaten für den klaren Branntwein mit einem Alkoholgehalt von bis zu 50 Prozent müssen laut Gesetz aus der Türkei stammen. Der Schnaps wird aus frischen oder getrockneten Trauben zwei- bis dreimal destilliert. Die Anissamen, die für den typischen lakritzähnlichen Geschmack sorgen, werden erst beim zweiten Mal mitgebrannt. Der erfahrene Gaumen von Kennern schmeckt den Anteil frischer Trauben beziehungsweise Rosinen heraus und weiß, ob der Schnaps in Edelstahl- oder Eichenfässern gereift ist.
Raki trinken – ein geselliges Erlebnis
Raki wird in schlanken, hohen – oftmals gefrosteten – Gläsern serviert. Zuerst füllt man zwei Finger hoch Schnaps, dann ebenso viel klares Wasser ein. Eiswürfel werden, damit sich das Anisöl zuvor gut entfalten kann, erst am Schluss zugegeben. Wer den Raki gerne ohne Eis trinkt, sollte darauf achten, dass sowohl der hochprozentige Anteil als auch das Wasser eine Temperatur von acht bis zehn Grad besitzen. Sobald sich das Wasser mit dem Schnaps vermischt, tritt der sogenannte „Louche-Effekt”, der dem Getränk den Beinamen „Löwenmilch” eingebracht hat, auf. Die Trübung wird durch wasserunlösliche Aniskristalle hervorgerufen.
Gute Gastgeber reichen zum Raki ein zweites Glas mit purem Wasser. Den ersten Schluck trinkt man erst, wenn alle Gäste versorgt sind. Dann hebt die ganze Runde ihr Glas – jedoch nicht, um den Schnaps auf ex zu trinken. Es geht schließlich nicht um ausufernden Alkoholkonsum, sondern mehr darum, gemeinsam einige entspannte Stunden zu erleben. Wozu dann die Eile?
Ebenso wenig wie die Türken ihren liebsten Schnaps allein trinken, bieten sie ihn ohne eine feste Grundlage an. Wird er als Aperitif gereicht, dürfen natürlich Meze nicht fehlen. Gelegentlich wird auch eine große Rakitafel veranstaltet. Dabei handelt es sich um ein abendfüllendes gesellschaftliches Ereignis, bei dem sich der Tisch unter bunten Platten mit warmen und kalten Vorspeisen biegt. Jeder greift immer wieder zu, es wird erzählt und gelacht – und natürlich auch das ein oder andere Glas geleert. Dabei sind sich die Türken sicher, dass der Raki rechtzeitig Bescheid gibt, wenn das Maß für diesen Abend voll ist …